Sag niemals nie!

Es ist diesmal ein Dienstag. Ich bin in Gedanken schon bei der Arbeit. Ein anstrengender Tag wird das wieder werden, das weiß ich jetzt schon und mir graut richtig davor. Ich stehe vor dem Lift und suche in meiner Handtasche das Handy. `Habe ich es jetzt liegen lassen?`, überlege ich und krame in der Tasche herum, bis ich mit meinen Fingern etwas hartes berühre. `Ah nein, da ist es ja´, stelle ich gerade erleichtert fest, als mich Geräusche von oben aufhorchen lassen. Schlüssel scheppern, eine Tür wird abgeschlossen und jemand geht mit großen Schritten zum Lift. Ich drücke auf den Liftknopf und warte. Von oben höre ich leises Schlüsselklimpern. Der Lift fährt an mir vorbei ins Dachgeschoß. Ich kann hören, wie sich die Tür ein Stockwerk höher öffnet und jemand einsteigt. Mit einem dumpfen Geräusch schließt sich Sekunden später die Tür und springt vor mir wieder auf. 

Im Lift steht der Mann von vor ein paar Wochen. Er schaut mich freundlich an und sagt wieder „Morgen“ zu mir. „Morgen“, erwidere ich und bleibe kurz an seinem Blick hängen, der immer noch mir gilt. Mir fällt dabei ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen auf. Ich drücke den Knopf „K“ auf dem Bedienelement während sich die Tür hinter mir schließt. Ich schaue den Nachbarn an. Er blickt jetzt zur Stockwerkanzeige vom Lift über der Tür und ich betrachte sein Gesicht. Seine Haut ist an den Wangen etwas narbig. Man sieht das trotz des rötlich-grauen Dreitagebarts darüber. Seine Lippen sind schmal und seine Augen klein, die Wimpern kaum sichtbar und die Haare am Kopf hellbraun und sehr kurz.
`Groß ist er´, denke ich mir gerade, als er wieder zu mir schaut. Er kramt dabei seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche, sein Blick wandert kurz zu Boden, bevor er mich wieder anschaut und sagt: „Geh´ mas wieder an?“.Ich muss lächeln und sage: „Ja und heute ist erst Dienstag. Da haben wir noch ein bisschen etwas vor uns diese Woche.“ „Ja, leider“, erwidert er mit einem Seufzen. Er spricht stark Dialekt fällt mir in diesem Moment auf. Ich: „Na, die Zeit wird auch vergehen.“ Er: „Hoffentlich.“ Dann hält der Lift auch schon wieder im Erdgeschoß. Der Mann blickt noch einmal kurz zu mir bevor er aussteigt und sagt: „Einen schönen Tag. Auf Wiederschauen“. Ich antworte: „Danke, ebenfalls! Tschüss!“.

Als sich die Tür schließt merke ich, dass ich immer noch lächle. Ich sehe sein Gesicht noch vor mir, obwohl er schon ausgestiegen ist. „Irgendwie ist er interessant“, überlege ich, während ich aus dem Lift steige, die Tür zur Garage aufsperre und zu meinem Auto gehe. Ich habe das Gefühl, ihn gut zu kennen, als wären wir alte Freunde. Ich setze mich in mein Auto und fahre Richtung Autobahn. Ich denke immer noch an ihn und unsere Begegnung von vorhin im Lift. `Komisch, warum beschäftigt mich dieser Mann?´, frage ich mich selbst. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines mit Sicherheit: Ich werde mich nie wieder in einen Mann verlieben. Nie mehr! Mit dem Thema bin ich durch – ein für allemal! Da bin ich mir hundertprozentig sicher. Im Radio läuft „ OK“ von Robin Schulz . Irgendwie klingt die Musik heute besser, aber ich hätte jetzt nicht sagen können warum   . . .